Auch bei älteren Menschen sollten Depressionen behandelt werden

ams-Serie "Pflege" (11)

28.11.17 (ams). Wenn ältere Menschen schlecht schlafen, sich zurückziehen und keine Freude am Leben mehr haben, wird dies oft als normale Alterserscheinung oder als natürliche Folge einer eingeschränkten körperlichen Gesundheit angesehen. Aus diesem Grund werden Depressionen im Alter oft nicht oder erst spät erkannt. "Die Behandlung einer depressiven Erkrankung ist bei älteren Patienten aber genauso wichtig wie bei jüngeren", sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband.

Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind Depressionen die häufigste psychische Erkrankung im hohen Alter. Etwa acht bis zehn Prozent der älteren Menschen sind davon betroffen, vor allem Frauen. Unter Heimbewohnern leidet danach sogar jeder Zweite an depressiven Symptomen, 15 bis 20 Prozent an schweren Depressionen.


Sendefähige Radio-O-Töne mit Dr. Astrid Maroß, Ärztin im AOK-Bundesverband

Symptome einer Depression im Alter

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Tipps für Angehörige

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Alterstypische Besonderheiten

Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit: Die Hauptsymptome einer Depression treten auch bei älteren Menschen auf. Allerdings gibt es einige alterstypische Besonderheiten, die die Diagnose der Erkrankung erschweren können:

  • Die Auslöser für eine Depression sind bei Senioren oft andere als bei jüngeren Menschen. Beispielsweise können der Verlust des Partners oder enger Freunde, die Abnahme anregender sozialer Kontakte, nachlassende geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, chronische sowie lebensbedrohliche Krankheiten oder Schmerzen die Entstehung einer Depression begünstigen.
  • Bei älteren Patienten stehen manchmal körperliche Beschwerden im Vordergrund, etwa Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen, innere Unruhe, Gereiztheit und Verdauungsprobleme. Andere psychische Veränderungen zeigen sich häufig erst später.
  • Ältere Patienten und ihre Angehörigen haben manchmal Schwierigkeiten, psychische Probleme als eigenständige Erkrankung zu akzeptieren.
  • Depressive Störungen im Alter können Ähnlichkeiten mit einer Demenz aufweisen. So haben ältere Menschen mit einer Depression häufig Probleme, sich schnell und lebhaft wie früher zu artikulieren, können sich schlecht konzentrieren und klagen über Gedächtnisstörungen. Manche können ihren Alltag nicht mehr wie gewohnt meistern. Eine Abgrenzung von einer Demenz, die manchmal auch begleitend zur Depression auftritt, ist daher wichtig.
  • Nach einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt tritt bei Senioren häufig eine Depression auf, die die Genesung erschwert.
  • Das Risiko, Selbstmord zu begehen, nimmt mit steigendem Alter zu. Angehörige und Pflegekräfte sollten Hinweise auf Selbstmordgedanken wie "Ich kann nicht mehr" oder "Ich will nicht mehr" ernst nehmen, mit dem Betroffenen sprechen und bei Bedarf den behandelnden Arzt hinzuziehen.

Depressive Patienten sollten immer behandelt werden, egal wie alt sie sind. Bei rechtzeitiger Therapie besteht die Chance auf Heilung oder deutliche Besserung. Allerdings ist bei Älteren auch nach erfolgreicher Therapie das Risiko höher als bei Jüngeren, erneut zu erkranken.

Angehörige sollten Betroffene unterstützen

Beim Verdacht auf eine Depression sollten Angehörige offen mit dem Betroffenen sprechen und ihn dabei unterstützen, einen Termin beim Arzt zu vereinbaren. Sinnvoll kann es auch sein, dass sie zu einem ersten Gespräch mit dem Arzt mitkommen. Als erste Anlaufstelle bietet sich der Hausarzt an. Betroffene können sich aber auch direkt an eine psychologische Beratungsstelle, eine psychotherapeutische oder psychiatrische Praxis wenden.

Unabhängig vom Alter: Depressionen verlaufen unterschiedlich. Anders als bei einem Stimmungstief, das meist von allein wieder verschwindet, zeigen sich die typischen Symptome einer Depression über mindestens zwei Wochen und können bis zu mehreren Monaten andauern.

Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten

Je nach Schweregrad der Depression stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sie reichen von unterstützenden und aktivierenden Maßnahmen über die Behandlung mit Medikamenten, sogenannten Antidepressiva, bis zur Psychotherapie. Da ältere Menschen meist schon mehrere Medikamente einnehmen, muss der Arzt bei der Verordnung von Antidepressiva auf mögliche Wechselwirkungen achten.

Wichtig ist auch die soziale Unterstützung und Begleitung des Patienten. So können Angehörige oder Sozialarbeiter beispielsweise eine Reinigungshilfe oder "Essen auf Rädern" organisieren und den Patienten im Alltag aktivieren und ihm unter die Arme greifen.


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