Auch im Alter ausgewogen und mit Appetit essen
ams-Serie "Pflege" (8)
24.08.17 (ams). Eine vollwertige Ernährung ist auch im Alter wichtig, um gesund zu bleiben oder Erkrankungen besser zu überstehen. "Der Körper braucht zwar weniger Energie in Form von Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß. Der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen bleibt aber gleich oder steigt sogar", sagt Anita Zilliken, Ernährungswissenschaftlerin bei der AOK. "Deshalb sollten Mahlzeiten für betagte Menschen besonders reich an Nährstoffen sein."
Im höheren Alter lässt die Lust am Essen und Trinken oft nach. Das liegt an altersbedingten Veränderungen sowie an Beschwerden, die bei älteren Menschen auftreten können:
- Durch Veränderungen im Hormonhaushalt lassen Appetit und Durstempfinden nach.
- Die Geruchs- und Geschmackswahrnehmung ist reduziert, das Essen schmeckt fade.
- Das Kauen macht besonders beim Verzehr von Obst und Gemüse Beschwerden. Schlecht sitzende Zahnprothesen und Entzündungen der Mundschleimhaut können Schmerzen beim Essen verursachen.
- Ein geringerer Speichelfluss und Mundtrockenheit erschweren die Nahrungsaufnahme.
- Das Schlucken bereitet Probleme.
- Die Verdauung verschlechtert sich, der Körper nimmt die Inhaltsstoffe der Nahrung nur ungenügend auf; zudem leiden viele Seniorinnen und Senioren unter Verstopfung.
Risiko für Mangelernährung
Darüber hinaus können weitere Faktoren die Nahrungsaufnahme erschweren und eine Mangelernährung fördern. Dazu gehören beispielsweise Erkrankungen wie Depressionen oder Demenz. Wer aufgrund von Krankheiten wie Parkinson oder nach einem Schlaganfall die Hände oder Arme nicht mehr gut bewegen kann, hat ebenfalls Schwierigkeiten mit dem Essen und Trinken. Von einer Mangelernährung spricht man, wenn der Körper zu wenige Nährstoffe wie Eiweiß, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente aufnimmt. Unter Nährstoffmangel können auch Menschen mit Normalgewicht und sogar mit Übergewicht leiden, die sich einseitig ernähren.
Dass sich insbesondere viele Pflegebedürftige nicht nährstoffreich und vollwertig genug ernähren, zeigt die ErnSIPP-Studie, die im zwölften Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) veröffentlicht ist. Für die Studie untersuchten Wissenschaftler die Ernährungssituation älterer pflegebedürftiger Menschen, die zu Hause meist von Angehörigen versorgt wurden. Dabei zeigte sich, dass die beteiligten Pflegebedürftigen zu viel Fleisch und Wurstwaren aßen, aber zu wenig Gemüse, Obst, Kartoffeln, Getreideprodukte und Fisch. An der Erhebung nahmen 353 Pflegebedürftige teil.
Nährstoffreiche Kost ist empfehlenswert
Doch wie lässt sich die Ernährung ausgewogen und nährstoffreich gestalten? "Ältere und hochbetagte Menschen sollten möglichst Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte essen", empfiehlt AOK-Ernährungsexpertin Zilliken. Vollkornbrot oder Vollkornnudeln enthalten Ballaststoffe, die die Verdauung fördern.
Durch Obst wird Buttermilch oder Joghurt vitaminreich und noch leckerer. Ein Salat, angemacht mit kaltgepresstem Raps- oder Traubenkernöl, liefert eine Extraportion Vitamin E. Bei Vitamin-D-Mangel kann der Verzehr von Fisch wie Lachs, Hering oder Makrele einen wichtigen Beitrag leisten, außerdem ist der Aufenthalt im Freien sinnvoll.
Das macht Appetit
Zilliken gibt Tipps, wie sich der Appetit anregen lässt:
- Sinnvoll ist viel Bewegung, möglichst an der frischen Luft.
- Bieten Sie über den Tag verteilt mehrere kleine Portionen an.
- Schaffen Sie eine angenehme Essatmosphäre, zum Beispiel mit einem schön gedeckten Tisch.
- Stellen Sie ein abwechslungsreiches Angebot an Speisen und Getränken bereit.
- Servieren Sie immer wieder einmal Lieblingsgerichte, die meist auch im Alter noch schmecken.
- Richten Sie das Essen appetitlich an.
- Verwenden Sie reichlich Kräuter und Gewürze, aber nur wenig Salz; dann schmeckt das Essen auch, wenn der Geschmackssinn nachgelassen hat.
Mindern Kaubeschwerden die Freude am Essen, sollten zunächst die Gründe dafür gesucht werden. Sinnvoll ist ein Besuch beim Zahnarzt, damit dieser den Zustand von Zähnen und Zahnfleisch sowie den Sitz von Prothesen überprüfen kann. Wichtig ist auch eine regelmäßige Mundhygiene, um das Risiko von Entzündungen zu verringern. "Zerdrücken Sie Gemüse und Kartoffeln mit der Gabel und schneiden Sie Fisch, Ei oder Fleisch klein, damit ältere Menschen die Speisen besser kauen können", empfiehlt AOK-Ernährungswissenschaftlerin Zilliken. Betreuungspersonen können auch Nahrungsmittel anbieten, die sich besser kauen lassen, etwa streichfähigen Käse statt Hartkäse.
Harte Nahrungsbestandteile entfernen
Es empfiehlt sich, harte Bestandteile wie Obstschalen oder Brotrinde zu entfernen. Joghurt, Dickmilch, einen Quark mit Früchten oder Kompott können ältere Menschen oft besser essen als einen Apfel. Wenn nötig, können die Speisen püriert, gerieben oder geraspelt werden, das kommt auch Menschen mit Schluckstörungen entgegen. Das Auge isst bekanntlich ja mit, daher sollten auch bei pürierter Kost die einzelnen Bestandteile noch erkennbar sein.
Wichtig ist außerdem, dass ältere Menschen genug trinken, denn Flüssigkeitsmangel kann zu Konzentrationsproblemen, Schwindel, Blutdruckabfall und Herzrasen führen. "Mindestens eineinhalb Liter am Tag sollten es sein, bei Hitze deutlich mehr", sagt Zilliken. Gesunde Durstlöscher sind Wasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees sowie Saftschorlen. Sinnvoll ist es, zu jeder Mahlzeit Getränke anzubieten beziehungsweise schon morgens die gesamte Trinkmenge für den Tag bereit zu stellen.
Eine Demenzerkrankung kann sich ebenfalls auf das Essverhalten auswirken. In der Anfangsphase sind viele Betroffene sehr unruhig und haben einen starken Bewegungsdrang, wodurch ihr Energie- und Flüssigkeitsbedarf erheblich steigen kann. Im Verlauf der Krankheit geht oft die Fähigkeit verloren, angemessen mit Besteck umzugehen. Dann kann es sinnvoll sein, ihnen mundgerechtes "Fingerfood" anzubieten, etwa klein geschnittenes Brot mit Aufstrich, Gemüse, kleine Kartoffeln oder Kroketten. Auch Fisch, Ei oder Aufschnitt kann man in Stücke schneiden. Die einzelnen Stücke sollten gut zu greifen und nicht größer als ein bis zwei Bissen sein.