Kinderlebensmittel: Zu süß, zu fett, zu salzig

Nachwuchs braucht keine "Extra-Wurst"

24.05.17 (ams). Sie sind bunt, lustig verpackt, locken durch Sammelbildchen oder Sticker und werben mit extra viel Milch oder zugesetzten Vitaminen: Viele Eltern glauben,  ihren Kindern mit sogenannten Kinderlebensmitteln etwas Gutes zu tun. "Doch das Gegenteil ist oft der Fall. Die meisten Joghurts, Snacks oder Knuspermüslis für Kinder sind fetter, süßer, salziger und teurer als herkömmliche Nahrungsmittel", sagt Anita Zilliken, Ernährungswissenschaftlerin der AOK. Sie rät: "Besser ist es, wenn Kinder selbst zubereitete Fruchtjoghurts, viel frisches Obst, Gemüse und Vollkornprodukte essen." Kinder brauchen keine Extra-Wurst mit Bärchengesicht, auch keine Kinder-Früchteriegel, keine spezielle süße Kindermilch oder extra Baby-Wasser mit sehr geringem Natriumgehalt. Beim Wasser etwa eignet sich auch jedes andere Mineralwasser mit dem Zusatz "für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet". Zudem enthalten industriell verarbeitete Lebensmittel meist reichlich Zusatzstoffe wie Stabilisatoren, Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoffe. Diese sollen den Geschmack, das Aussehen und die Haltbarkeit von Lebensmitteln verbessern oder die Verarbeitung erleichtern. Rund 320 Zusatzstoffe sind in der EU zugelassen. Besonders in Kinderlebensmitteln wie Limonaden, Fruchtgummis und cremigen Desserts sind viele dieser Stoffe enthalten. "Generell sind Zusatzstoffe nicht gesundheitsschädlich", sagt Zilliken. Vorschriften stellen sicher, dass keine Stoffe, die nachweislich gefährlich oder krebserregend sind, zugelassen werden. 

Allerdings reagieren manche Menschen auf den Verzehr bestimmter Zusatzstoffe mit allergieähnlichen Symptomen: Ihnen tränen zum Beispiel die Augen oder tropft die Nase. Diese Reaktionen gehören in der Regel nicht zu den echten Allergien, da das Immunsystem nicht daran beteiligt ist. Weil die Symptome aber ähnlich sind, spricht man von Pseudoallergien. "So können bestimmte Farbstoffe bei manchen Menschen Reaktionen auslösen“, erklärt Zilliken. Farbstoffe sind unter anderem Gummibärchen, Lollis und anderen bunten Süßigkeiten, aber auch vielen Frühstückssnacks zugesetzt. Wie alle Lebensmittelzusatzstoffe müssen auch Farbstoffe stets auf den Verpackungen gekennzeichnet werden. "Wer mit allergieähnlichen Symptomen reagiert, muss diese Stoffe unbedingt meiden", sagt die Ernährungsexpertin. "Wichtig ist daher, die Zutatenliste genau zu lesen." Unabhängig davon sollten Eltern generell nur wenig Fertigprodukte und sogenannte Kinderlebensmittel kaufen. "Sonst gewöhnen sich die Kinder an den künstlichen Geschmack und mögen natürliche Lebensmittel oft gar nicht mehr", sagt Zilliken. Statt süßer Frühstückssnacks sollten Jungen und Mädchen morgens lieber eine Scheibe Vollkornbrot mit Käse oder Marmelade und dazu ein Stück Obst essen. Auch ein frisch zubereitetes, zuckerfreies Müsli aus verschiedenen Getreideflocken, mit Bananenscheiben oder Apfelstückchen und Joghurt oder Milch ist lecker und gesund. Einmal am Tag sollten Kinder möglichst warm essen, zum Beispiel Kartoffeln oder Reis mit Gemüse. Zilliken: "Wenn es schnell gehen muss, eignet sich auch Tiefkühlgemüse. Das ist vitaminreich und gesund." Suppen, Eintöpfe oder Aufläufe kann man gut in größeren Portionen kochen, dann einen Teil einfrieren oder ihn am nächsten Tag verzehren. Als Snack für Zwischendurch sollten Kinder statt eines oft stark gesüßten Müsliriegels lieber einen Apfel oder eine Banane essen. "Nicht empfehlenswert sind Softdrinks, Limonaden und Eistees. Diesen Getränken ist neben viel Zucker häufig Zitronensäure zugesetzt, die den Zahnschmelz schädigen kann", erläutert die Ernährungsexpertin. Gesünder sind Mineralwasser, Kräuter- oder Früchtetees. Der Tee kann auch mit einem kleinen Teil Saft gemischt werden, dann schmeckt er Kindern oftmals besser.

Fruchtzucker nicht gesünder als herkömmlicher Haushaltszucker

Immer mehr Produkte werden mit Fruchtzucker gesüßt, etwa Ketchup, Fertiggerichte oder Müslis. Das Wort "Frucht" bedeutet jedoch nicht, dass dieser Zucker gesünder ist als herkömmlicher Haushaltszucker. Dennoch werben manche Hersteller mit dem Zusatz von Fruchtzucker. Vor allem Smoothies oder pürierte Obstsnacks - also Früchte in hochkonzentrierter Form - enthalten viel Fruchtzucker. Zudem hat solch verarbeitetes Obst meist weniger Vitamine und Mineralstoffe als frisches. Zwar steckt auch in frischem Obst Fruchtzucker, aber eben auch wertvolle Ballaststoffe. Sie bewirken unter anderem, dass die Nahrung länger und besser gekaut wird, und lassen den Blutzucker langsamer ansteigen. Deshalb ist selbst Obst mit relativ viel natürlichem Zuckergehalt gesünder als Lebensmittel, die zugesetzten Zucker enthalten.


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