Autofahren im Alter: Sicher mobil bleiben

ams-Serie "Pflege" (5)

24.05.17 (ams). Das Auto ist für viele Menschen ein Symbol der eigenen Unabhängigkeit. Das gilt für junge Menschen genauso wie für Senioren. Die Frage nach der Fahrtüchtigkeit wird zwischen den Generationen zumeist unterschiedlich beurteilt. Doch es ist nicht belegt, dass ältere Autofahrer automatisch ein Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen. "Die meisten Senioren verfügen über jahrzehntelange Fahrpraxis und gleichen mögliche altersbedingte Veränderungen durch einen besonnenen Fahrstil aus", sagt Christiane Lehmacher-Dubberke, Pflegereferentin im AOK-Bundesverband.

Laut Statistischem Bundesamt sind Senioren über 65 Jahre deutlich seltener an schweren Verkehrsunfällen beteiligt als die Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren: Bei einem Bevölkerungsanteil von 21 Prozent verursachten sie 2014 etwa zwölf Prozent der schweren Pkw-Unfälle, während die 18- bis 24-Jährigen, die lediglich knapp acht Prozent der Bevölkerung stellen, für fast 15 Prozent der schweren Unfälle verantwortlich waren.

Fakt ist aber auch: Im Alter lässt das Seh- und Hörvermögen oft nach, die Beweglichkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit nehmen ab. All das hat Einfluss auf die Leistungsfähigkeit im Straßenverkehr. Zudem nehmen viele Senioren Medikamente ein, die ebenfalls die Fahrtüchtigkeit einschränken können.


Sendefähige Radio-O-Töne mit Christiane Lehmacher-Dubberke, Pflegereferentin im AOK-Bundesverband

Das Alter ist nicht automatisch ein Sicherheitsrisiko

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Tipps für Angehörige

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Fahrfähigkeit regelmäßig überprüfen lassen

"Um sicher am Straßenverkehr teilzunehmen, sollten Ältere ihre Fahrfähigkeit regelmäßig überprüfen und realistisch einschätzen lassen", empfiehlt AOK-Expertin Lehmacher--Dubberke und gibt folgende Tipps:

  • Gut sehen zu können, ist für die Teilnahme am Straßenverkehr extrem wichtig. Ab dem 50. Lebensjahr sollten Autofahrer daher alle zwei Jahre zum Augenarzt gehen, ab dem 60. Lebensjahr jedes Jahr.
  • Wer in der Dämmerung und bei Dunkelheit schlecht sieht, sollte sich in dieser Zeit nicht hinters Steuer setzen. Das gilt auch bei widrigen Witterungsverhältnissen wie starkem Regen oder Eisglätte.
  • Ab dem Alter von 60 Jahren ist es sinnvoll, alle zwei Jahre auch die Hörfähigkeit kontrollieren zu lassen.
  • Hat der Arzt einen Hörverlust festgestellt, sollten Autofahrer auf eine Freisprechanlage und Musikhören im Auto verzichten, damit sie das Martinshorn eines Rettungswagens oder das Hupen anderer Verkehrsteilnehmer wahrnehmen können.
  • Die Beweglichkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit sollten ebenfalls regelmäßig während eines Gesundheitschecks überprüft werden.
  • Generell ist es ratsam, sich voll und ganz auf das Autofahren zu konzentrieren und auf Ablenkungen wie zum Beispiel Radiohören zu verzichten.
  • Wer an einer akuten oder chronischen Erkrankung leidet, sollte mit dem Hausarzt oder Facharzt abklären, ob diese die Fahreignung einschränkt.
  • Grundsätzlich sollte der behandelnde Arzt über alle Medikamente informiert werden, die eingenommen werden. Kommt es zu Wechselwirkungen und wird dadurch beispielsweise die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt, kann es sinnvoll sein, die Medikation anzupassen.
  • Ältere Menschen sollten auf ihr körperliches Befinden Rücksicht nehmen. Fühlen sie sich nicht wohl, ist es besser, das Auto stehen zu lassen.
  • Generell ist es empfehlenswert, kurze und bekannte Strecken zu nutzen, frühzeitig loszufahren, Hauptverkehrszeiten zu vermeiden und nicht nachts zu fahren.
  • Bei längeren Strecken sollten Senioren häufiger eine Pause einlegen.
  • Für lange Urlaubsfahrten ist es ratsam, auf die Bahn oder das Flugzeug auszuweichen.
  • Um die Fahrtauglichkeit zu erhalten und zu verbessern, kann es hilfreich sein, an einem Fahrsicherheitstraining teilzunehmen. Automobilclubs, der TÜV und Verkehrswachten bieten spezielle Kurse für ältere Autofahrer an. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) stellt Listen mit Anbietern bereit, die über das DVR-Qualitätssiegel verfügen.
  • Sinnvoll ist es auch, sich über Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs zu informieren. Das erleichtert die Entscheidung, das Auto auch mal stehen zu lassen.
  • Wer sich dazu entschließen kann, aufs Auto ganz zu verzichten, spart dadurch viel Geld und kann sich stattdessen auch mal eine Taxifahrt leisten.
  • Ältere sollten sich auch nicht scheuen, Familienmitglieder, Freunde und Bekannte um eine Mitfahrgelegenheit zu bitten.

Den Hausarzt einbeziehen

Schwierig wird es, wenn ältere Menschen trotz unsicherer Fahrweise nicht aufs Auto verzichten wollen. Dann sollten sich Angehörige Verbündete suchen. "Bitten Sie zum Beispiel den Hausarzt des Familienangehörigen, mit dem Betreffenden zu sprechen und die Risiken aus medizinischer Sicht zu erläutern", rät AOK-Expertin Lehmacher-Dubberke. Umfragen des DVR zufolge würden zwei Drittel der Senioren auf den Ratschlag ihres Arztes hören, wenn es um ihre Fahrtüchtigkeit geht.

Ist jemand an Demenz erkrankt, ist er anfangs meist noch in der Lage, Auto zu fahren. Langfristig führt die Erkrankung aber in jedem Fall zum Verlust der Fahreignung. Der behandelnde Arzt sollte Patienten bereits bei der Diagnosestellung über mögliche Einschränkungen der Fahrsicherheit im Laufe der Erkrankung aufklären und dies vom Patienten unterschreiben lassen. Spätestens, wenn sich der Kranke selbst in bekannter Umgebung verirrt oder Verkehrsschilder missachtet, sollten Angehörige den Hausarzt bitten, den Kranken an eine neurologische oder psychiatrische Fachambulanz zu überweisen, um dort die Fahrtüchtigkeit überprüfen zu lassen. Statt den Demenzkranken zu zwingen, seinen Führerschein abzugeben, ist es besser, wenn Angehörige auf andere Weise sicherstellen, dass er nicht mehr fährt. Beispielsweise können sie das Auto außer Sichtweite parken oder den Schlüssel verstecken. Oder sie bieten dem Kranken an, dass sie ihn künftig fahren oder bei der Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln begleiten.

Führerschein hat kein Verfallsdatum

Der Führerschein gilt in Deutschland ein Leben lang. Die Fahrerlaubnisbehörde kann die Fahrerlaubnis allerdings vorübergehend oder dauerhaft entziehen, wenn sich der Inhaber des Führerscheins als ungeeignet erweist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Das ist der Fall, wenn er erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat sowie bei verschiedenen Erkrankungen, die in Anlage 4 a der Fahrerlaubnisverordnung aufgeführt sind. Patienten mit Alzheimer sind danach nicht mehr fahrtüchtig, wenn die Demenz bereits fortgeschritten ist und zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat. Um die Fahruntauglichkeit festzustellen, kann die Straßenverkehrsbehörde die Untersuchung durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie veranlassen.


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