Ruhepausen statt ständig volle Dröhnung
Schwerhörigkeit vorbeugen
27.10.15 (ams). Viele Jugendliche und junge Erwachsene lieben Musik - besonders, wenn sie laut ist. "Wichtig ist es allerdings, das Gehör zu schützen, damit es nicht schon in jungen Jahren geschädigt wird", sagt Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband.
Hörstörungen bei Kindern und Jugendlichen haben sich in den vergangenen 24 Jahren verdoppelt, warnt die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Dafür verantwortlich seien laute Musik über Kopfhörer, Konzert- und Clubbesuche, aber auch Spielzeuge mit Knalleffekten. Der sogenannten Ohrkan-Studie zufolge setzen sich die meisten 18-Jährigen in ihrer Freizeit so viel Lärm aus, dass ihr Risiko für Hörschäden langfristig erhöht ist. Hauptrisiko-faktor bei Jugendlichen sei laute Musik aus MP3-Playern. Bei jungen Erwachsenen kämen Disco- und Konzertbesuche dazu. Bei der Studie machten von 2009 bis 2011 insgesamt 2.148 Schüler zwischen 13 und 19 Jahren in Bayern mit. Beteiligt waren das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie die Universitätsklinik Regensburg.
Fürs Gehör sind kurzzeitige Schallspitzen, etwa durch Silvesterböller, besonders schädlich. Die "Schmerzgrenze", wenn Lärm weh tut, liegt bei 120 Dezibel. Das entspricht dem Krach von Trillerpfeifen. Aber auch eine Dauerbelastung von mehr als 85 Dezibel kann zu bleibenden Schäden im Innenohr führen. Zum Vergleich: Blätterrauschen verursacht einen Geräuschpegel von 20 Dezibel, ein Gespräch in Zimmerlautstärke von 50 Dezibel. Eine Hauptverkehrsstraße tagsüber bringt es auf 70 bis 80 Dezibel, ein Lastkraftwagen oder Motorrad im Straßenverkehr auf 90 Dezibel. Bei Rock-Konzerten und in Discos werden 100 bis 110 Dezibel erreicht. So laut ist auch ein voll aufgedrehter MP3-Player. Ein Presslufthammer bringt es ebenfalls auf 100 bis 110 Dezibel.
Sendefähige Radio-O-Töne mit Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband


Mehr Informationen zum Thema:
- auf den Seiten der "HNO-Ärzte im Netz"
- in der Broschüre "Gehörschäden durch Musik vorbeugen" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua)
- Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) bietet Unterrichtsmaterialien zum Thema Lärm an
Bei Dauerlärm verlaufen Hörschädigungen meist langsam und unbemerkt. Zunächst fällt das Hörvermögen für die höheren Frequenzbereiche aus, dann für die Sprachfrequenzen. Betroffene nehmen dann die Konsonanten des Gesprochenen nicht mehr wahr. Lärm bedeutet aber auch Stress für den gesamten Körper. Folgen können Unwohlsein, Kopfschmerzen und Schlafstörungen sein. Dauerlärm kann aber auch zu erhöhtem Blutdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Was an den Sinneszellen im Ohr einmal zerstört ist, kann nicht mehr repariert werden. Um Schwerhörigkeit vorzubeugen, sollte man die Ohren nicht dauerhaft Lärm aussetzen.
Wichtig ist,
- Musik nur bei geringer Lautstärke zu hören, insbesondere über MP3-Player,
- bei Konzerten und in Discos Abstand zu den Boxen zu halten und Gehörschutz zu tragen. Ohrstöpsel und -kapseln senken den Schallpegel um 20 bis 30 Dezibel,
- den Ohren Pausen zu gönnen, in denen man auf Hintergrundberieselung verzichtet. Nach lautem Musikgenuss sind ausreichend lange Ruhepausen besonders wichtig, damit sich das Gehör erholen kann. Ein Alarmzeichen ist das Gefühl, Watte im Ohr zu haben. Dann brauchen die Ohren dringend Erholung,
- beim Kauf von Haushalts- und Gartengeräten sowie Spielzeug auf die Lautstärke zu achten,
- sich die Ohren zuzuhalten, wenn Lärm droht, etwa durch das -Martinshorn von Rettungswagen oder quietschende Zugbremsen
- impulsartigen Schall wie Silvesterknaller und Spielzeugpistolen zu meiden.
Bei ersten Anzeichen für Hörprobleme sollten Betroffene ihr Gehör bei einem Hals-Nasen-Ohrenarzt überprüfen lassen. Anzeichen für beginnende Schwerhörigkeit können sein, wenn man bei Gesprächen oft nachfragen muss oder bei Hintergrundgeräuschen einer Unterhaltung schlecht folgen kann. Ein Hörgerät sollte, wenn nötig, so früh wie möglich angepasst werden, um die zentralen Leistungen des Gehirns zu trainieren. Denn die Fähigkeit des Gehirns, Sprache zu erkennen, lässt nach, wenn es nicht ständig mit Reizen versorgt wird.