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Deutschland schneidet bei der Krebsbehandlung überdurchschnittlich ab
EU-Ticker

20.02.23 (ams). Deutschland hat im EU-Vergleich die höchsten direkt auf Krebs zurückzuführenden Gesundheitsausgaben. 2018 betrugen die Ausgaben hierzulande 524 Euro pro Kopf, der EU-Schnitt liegt bei 324 Euro. Das geht aus den „Länderprofilen Krebs 2023“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der EU-Kommission von Anfang Februar hervor. Die Kosten sind laut Bericht vor allem auf den hohen medizinischen Standard und den ungehinderten Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Einwohner zurückzuführen. Gleichzeitig ist in Deutschland die „Fünf-Jahres-Nettoüberlebensrate“ zwischen 2004 und 2014 bei fast allen der häufigsten Krebsarten gestiegen oder gleich geblieben und liegt ebenfalls über dem Schnitt der 27 EU-Staaten. „Bei Menschen mit seltenen Krebserkrankungen liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate über dem EU-Durchschnitt, bleibt aber unter jener der leistungsstärksten Länder“, so die OECD.
Laut Ranking liegt Deutschland allerdings auch bei den Krebsrisikofaktoren Rauchen und Alkohol über dem EU-Schnitt. 2019 gaben 22 Prozent der deutschen Bevölkerung an, täglich zu rauchen (EU-Schnitt: 18 Prozent). Deutsche ab 15 Jahren konsumierten 2020 pro Kopf 10,6 Liter reinen Alkohol (EU-Schnitt: 9,8 Liter). Krebs ist der EU-Kommission zufolge mit einem Anteil von 26 Prozent die zweithäufigste Todesursache im EU-Raum nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zur Behandlung von Krebs gaben die EU-Länder 2018 knapp 170 Milliarden Euro aus.
Mit dem vor zwei Jahren gestartete Europäischen Krebsplan will die EU die Früherkennung verbessern, Forschung unterstützen, Behandlungsqualität verbessern und die Krankheitsursachen bekämpfen. Schweden hat sich für die laufende Ratspräsidentschaft das Vorantreiben der entsprechenden Programme und Vorhaben als Schwerpunkt gesetzt. Dazu fand am 1. Februar eine Konferenz mit EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides statt, bei der es insbesondere um Maßnahmen gegen Ungleichheiten beim Zugang zur Krebsbehandlung in den einzelnen EU-Ländern ging.
Längere Fristen bei Medizinprodukte
20.02.23 (ams). In einem Dringlichkeitsverfahren hat das Europäische Parlament am 16. Februar in Straßburg dem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt, die Fristen zur Neuzertifizierung vorhandener Medizinprodukte um bis zu vier Jahre zu verlängern. Laut Beschluss bleibt zur Ausstellung neuer Konformitätsbescheinigungen für Produkte mit höherem Risiko (zum Beispiel Herzschrittmacher) Zeit bis Ende 2027, für Produkte mit mittlerem und geringerem Risiko (Spritzen oder wiederverwendbare chirurgische Instrumente) bis Ende 2028 und für implantierbare Sonderanfertigungen der höchsten Risikoklasse bis zum 26. Mai 2026. Die Zustimmung des Europäischen Rates gilt als sicher, da der Kommissionsvorschlag vom 6. Januar auf eine entsprechende Aufforderung der EU-Gesundheitsminister zurückging. Die längeren Fristen sollen helfen, Versorgungsengpässe zu vermeiden, da die Prüforganisationen („Benannte Stellen“) nur schleppend vorankommen. Nach geltendem Recht müssten alle vor Inkrafttreten der neuen Medizinprodukteverordnung (MDR) im Mai 2021 ausgestellten und derzeit noch gültigen Konformitätsbescheinigungen spätestens bis zum 26. Mai 2024 durch die Benannten Stellen erneuert werden. Nach einem Bericht der EU-Kommission, über den das Magazin G+G in seiner Februar-Ausgabe berichtet, sind bisher EU-weit nur 36 Benannte Stellen tätig. Die könnten bis Mai 2024 lediglich rund 7.000 Neuzertifizierungen abschließen. Bis dahin laufen jedoch fast 21.400 noch gültige Bescheinigungen ab. „Diese Entscheidung rettet Menschenleben“, sagte der CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Peter Liese, nach der Abstimmung. Eine strengere MDR mit unangemeldeten Kontrollen und einer besseren Überprüfung der Benannten Stellen bleibe „im Kern richtig“. Durch Brexit und Pandemie seien aber unerwartete Schwierigkeiten eingetreten. Die Europavertretung der Deutschen Sozialversicherungen (DSV) in Brüssel bezeichnete die längeren Übergangsfristen als „sinnvoll, um Engpässen entgegenzuwirken“. Um die Patientensicherheit zu garantieren, sei es aber „elementar, dass keine Sicherheits- und Qualitätsanforderungen der MDR abgeschwächt werden“.
Verhandlungen über Verbot „ewiger Chemikalien“
20.02.23 (ams). Deutschland, Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Schweden haben einen Vorstoß für ein Verbot oder Produktionseinschränkungen sogenannter „ewiger Chemikalien“ in der EU führen gestartet. Dabei geht es nach Angaben der EU-Chemikalienagentur (ECHA) in Stockholm um rund 10.000 per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS), die als besonders langlebig und widerstandsfähig gelten. Sie kommen laut Agentur von Shampoos über Kühlmittel, Autos, Textilien oder Windrädern in fast allen Lebensbereichen vor. Mehrere Studien kamen bereits zu dem Schluss, dass diese Industriechemikalien gesundheitsschädigend sein können. So könnten die PFAS etwa Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben, Entwicklungsstörungen bei Kindern verursachen oder das Risiko für einzelne Krebsarte erhöhen. Laut EU-Agentur könnten ohne einschränkende Maßnahmen allein in der EU in den nächsten 30 Jahren bis zu 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen. Laut Behörde sollen die zuständigen Ausschüsse der ECHA im März zunächst prüfen, ob der Vorschlag der fünf EU-Länder mit der „REACH-Verordnung“ der EU vereinbar ist. Diese Verordnung wurde laut ECHA erlassen, „um den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den Risiken, die durch Chemikalien entstehen können, zu verbessern und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie der EU zu erhöhen“. Wenn dies der Fall sei, könnten die Ausschüsse mit der wissenschaftlichen Bewertung des Vorschlags beginnen. Am 22. März will die EU-Kommission eine sechsmonatige öffentliche Anhörung (Konsultation) zu einem möglichen Verbot oder Produktionseinschränkungen bei PFAS starten.
Erstmals Grenzwerte für Diisocyanate am Arbeitsplatz geplant
20.02.23 (ams). Die EU-Kommission hat am 13. Februar eine weitere Absenkung der Grenzwerte für Blei-Emissionen am Arbeitsplatz vorgeschlagen. Zudem sollen erstmals aus Höchstwerte für Diisocyanat-Expositionen eingeführt werden. „Im Fall von Blei wird ein deutlich niedrigerer Expositionsgrenzwert dazu beitragen, Gesundheitsproblemen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wie der Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfunktionen und der fötalen Entwicklung vorzubeugen“, sagte der EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, Nicolas Schmit. Im Fall der Diisocyanate solle ein neuer Expositionsgrenzwert Asthma und andere Atemwegserkrankungen verhindern. Laut Folgenabschätzung der Kommission sind derzeit rund 4,2 Millionen Beschäftigte in der EU Diisocyanaten ausgesetzt. Diese Chemikalien sind insbesondere in der Bauindustrie wichtige Rohstoffe für die Herstellung von Polyurethanen (zum Beispiel Bauschaum) und Polyharnstoffen. Dem Vorschlag ist nach Angaben der Kommission ein Beratungsprozess vorangegangen, in den neben Wissenschaftlern auch Wirtschafts- und Arbeitnehmerorganisationen aus den Mitgliedsländern einbezogen worden seien. Stimmen EU-Parlament und Europäischer Rat zu, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Strengere Werte für zwei Pestizidrückstände in Lebensmitteln
20.02.23 (ams). Die EU-Kommission hat neue Vorgaben für die Höchstmenge von Rückständen zweier Pestizide in Lebensmitteln verabschiedet. Dabei geht es um die Chemikalien Clothianidin und Thiamethoxam aus der Gruppe der Neonicotinoide. Die beiden Stoffe stellen nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein hohes Risiko für Bienen dar und haben weltweit bereits zu einem Rückgang bestäubender Insekten beigetragen. Innerhalb der EU ist die Verwendung beider Chemikalien im Freien bereits seit 2018 verboten. Die jetzt festgelegten Rückstandshöchstwerte entsprechen nach Angaben der EU-Kommission dem niedrigsten Wert, der mit den neuesten Technologien gemessen werden kann. Die Grenzwerte sollen für alle in der EU hergestellten Produkte, aber auch für importierte Lebens- und Futtermittel gelten. Die neuen Werte sollen allerdings erst ab 2026 gelten, um Drittländern – besonders Entwicklungsländern – Zeit zur Umstellung zu geben.
EU und Indien wollen Lieferketten stärken
20.02.23 (ams). Die EU und Indien haben einen gemeinsamen Handels- und Technologierat eingerichtet. „Damit wollen beide Seiten ihre strategische Partnerschaft stärken und ihr Engagement in den Bereichen Handel und Technologie vertiefen“, teilte die EU-Kommission am 6. Februar mit. Eine der drei vorgesehenen Schwerpunktarbeitsgruppen des Rates soll sich im Zusammenhang mit den Themen Handel und Investitionen um „widerstandsfähige Wertschöpfungsketten“ kümmern. Dabei dürfte es auch im den Arzneimittelmarkt gehen. Indien ist mit 70 Prozent der Weltproduktion der wichtigste Generika-Lieferant der Welt. Indische Pharmaunternehmen beziehen allerdings ihrerseits einen Großteil der notwendigen Grundstoffe aus China. Die Einrichtung des Technologierates wurde bereits im April 2022 von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem indischen Premierminister Narendra Modi vereinbart. Die Arbeitsgruppen haben nach Angaben der Kommission ihre Tätigkeit bereits aufgenommen. Der Ministerrat werde künftig mindestens einmal pro Jahr abwechselnd in Europa und Indien zusammenkommen.