Bessere Kooperation statt Kompetenzgerangel

Referentenentwurf: Drittes Pflegestärkungsgesetz (PSG III)

Foro: Pflegerin hilft beim Schuhe anziehen

12.05.16 (ams). Das dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III) soll die Pflegereform der Großen Koalition abrunden. Für den AOK-Bundesverband ist jedoch noch längst nicht alles rund. Das Bundesgesundheitsministerium hat in Abstimmung mit dem Bundessozialministerium jetzt einen Referentenentwurf vorgelegt. Ziel ist einerseits Verbesserung der Steuerung, Kooperation und Koordination von Beratung und Pflege vor Ort, andererseits die Verankerung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ins Sozialhilferecht. Die Bundesregierung laufe Gefahr, bewährte und eingespielte Strukturen aufs Spiel zu setzen, so die Kritik des Kassenverbandes.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe drückt aufs Tempo. Das PSG III soll am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Die Fachanhörung ist für den 30. Mai 2016 geplant. Die notwendigen Änderungen des Elften und Zwölften Sozialgesetzbuches berühren auch die Belange der Länder und Kommunen, das Gesetz ist somit zustimmungspflichtig. Die Kosten für die Soziale Pflegeversicherung beziffert der Entwurf auf 30 Millionen Euro. Für die Sozialhilfeträger liegen sie 2017 bei 200 Millionen, danach bei 182 Millionen Euro zusätzlich im Jahr.

Das PSG III setzt in erster Linie die Empfehlungen der Bund-Länder-AG zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege um. Städte und Gemeinden sollen künftig auf Initiative der Landkreise und kreisfreien Städte neue Beratungsstrukturen in Modellprojekten erproben dürfen. Die Landesverbände der Pflegekassen sollen verpflichtet werden, gemeinsam und einheitlich mit dem zuständigen Sozialhilfeträger entsprechende Vereinbarungen zu schließen, auch über das Personal, die Finanz- und Sachmittel, die die Pflegekassen beisteuern müssen.

Ebenso sollen Landkreise und kreisfreie Städte ein Initiativrecht zur Errichtung von Pflegestützpunkte erhalten. Die Pflegekassen werden verpflichtet, an den Pflegestützpunkten mitzuwirken und ebenfalls entsprechende Rahmenverträge zu schließen. Das Recht auf die Einrichtung von Schiedsstellen für den Streitfall liegt beim Land. Getestet werden soll ein Initiativrecht für Kommunen zur Einrichtung von Pflegestützpunkten, wenn sie sich an deren Finanzierung beteiligen.

In einer ersten Bewertung kritisiert der AOK-Bundesverband die geplanten Eingriffsrechte der Kommunen als zu tiefgehend. Die Entscheidungsbefugnis der Pflegekassen werde erheblich eingeschränkt und laufe einem partnerschaftlichen Verhältnis der Beteiligten zuwider.

Pflegeberatung verliert individuellen Charakter

Im Bereich der Pflegeberatung und der Pflegestützpunkte fürchtet der Kassenverband qualitative Einbußen in der Pflege. Insbesondere das Angebot der Pflegeberatung und Pflegekurse können die Kassen bisher individuell gestalten. Die AOK nutzt diesen Gestaltungsspielraum in dem ansonsten wettbewerbsneutralen Feld der Sozialen Pflegeversicherung und hat sein Beratungsangebot umfassend aufgebaut, was in Politik, Pflegewissenschaft und Selbstverwaltung hohe Anerkennung erfährt. Für eine bessere Zusammenarbeit müsse man die vorhandenen Strukturen nutzen und ausbauen, anstatt Doppelstrukturen und Insellösungen aufzubauen.

Der AOK-Bundesverband weist in der Beurteilung des Referentenentwurfs darauf hin, dass die Kommunen schon heute für die Analyse des Bedarfs und des pflegerischen Angebots verantwortlich sind und entsprechende Versorgungsstrukturen vorhalten müssen. Für die Fachanhörung am 30. Mai wird der AOK-Bundesverband eine ausführliche Stellungnahme zum PSG III vorlegen.
 

Zum ams-Politik 05/16

Die Stellungnahme des AOK-Bundesverbandes für die Sachverständigen-Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss am 17.10.16