Regelungen zur Digitalisierung grundsätzlich an Entwicklungsschritte anpassen

Foto: Telemedizin - Untersuchung im Patienten-Live-Chat -

(01.04.21) Digitalisierung muss aus Sicht der AOK zu höherer Qualität, einer besseren Vernetzung und Koordination der Patientenversorgung sowie zu Synergien beitragen. Um dem gerecht zu werden, bedürfe es auch im Kabinettsentwurf für das "Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege" (DVPMG) einiger Nachschärfungen. Der AOK-Bundesverband bekräftigt in seiner Stellungnahme Kritikpunkte, die er schon in Teilen am Referentenentwurf hervorgehoben hatte.

Digitale Helfer für die Pflege, mehr Telemedizin und eine moderne Vernetzung im Gesundheitswesen - das sind Ziele des DVPMG. Es stellt nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) sowie dem Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) einen weiteren zentralen Baustein für die Weiterentwicklung der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens dar. Das Gesetz soll Mitte 2021 in Kraft treten. In einer ersten Einschätzung begrüßt der AOK-Bundesverband einen weiteren Digitalisierungsschub. Allerdings habe er eine realistischere Planung und weniger Detailregulierung erwartet, um den beteiligten Akteuren den Spielraum zur Entwicklung von Innovationen zu geben. Letztlich müssten die hohen Investitionskosten auch zu höherer Effizienz in der medizinischen Versorgung führen.

Zudem heißt es: "Grundsätzlich ist vorstellbar, dass qualitativ hochwertige digitale Pflegeanwendungen Hilfestellung in pflegerischen Alltagssituationen oder zur Erhaltung der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen leisten können. Allerdings sind die Vorgaben, nach denen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über die Aufnahme in das Verzeichnis zu entscheiden hat, nicht klar formuliert." Das stärke nicht das Vertrauen in die Digitalisierung. Bereits in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf hatte der AOK-Bundesverband gefordert, beim Datenschutz nachzubessern, "da die Prüfung der Datensicherheit durch das derzeit ausschließlich auf den Angaben der Hersteller beruht." Ebenso hatte er die Begrenzung der freien Preisgestaltung im ersten Jahr nach Zulassung durch gruppenbezogene Höchstbeträge für "wenig tauglich" gehalten.

Weiterhin moniert der AOK-Bundesverband, dass möglicherweise das Wahlrecht des Versicherten eingeschränkt werde, um den elektronischen Medikationsplans (eMP) in eine eigenständige Anwendung innerhalb der Telematikinfrastruktur zu überführen. Dieser soll nicht mehr auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. "Anstelle der Schaffung von Doppelstrukturen in Form einer elektronischen Patientenakte und einer elektronischen Patientenkurzakte sollte nur eine Plattform entstehen", schreibt der Bundesverband. Dies hätte laut AOK den Vorteil, dass so nicht nur ein Einstieg in die strukturierte Datenhaltung bei der elektronischen Patientenakte gelingen könnte, sondern gleichzeitig Notfalldaten und elektronischen Medikationsplan in der Patientenakte durch die Kurzakte ersetzt würden. Der eMP soll dazu beitragen, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern.

Äußerst kritisch sieht der AOK-Bundesverband zudem, dass eine psychotherapeutische Gruppentherapie künftig nicht nur per Video am Computer, sondern auch mit einer App möglich sein soll. "Damit wird der notwendige vertrauliche Schutzrahmen für eine solche Therapie weiter konterkariert", heißt es in dem Papier. "Ein wirksames Leistungsangebot, dass für einen klar definierten Diagnosekreis zugänglich ist, wird so zunehmend zum Alltagsbegleiter für Jedermann."

Nur in einzelnen Punkten, etwa zu den digitalen Pflegeanwendungen (DiPA), seien Positionen der AOK aufgenommen worden, stellt der AOK-Bundesverband fest. So wurde klargestellt, dass ergänzende Unterstützung bei Nutzung digitaler Pflegeangebote nur Pflegebedürftigen zur Verfügung stehen könne. Der Anspruch für diese Leistungen wurde von 60 auf 50 Euro reduziert und beinhaltet jetzt neben der Unterstützungsleistung auch die Versorgung mit der DiPA. Prominentestes Vorhaben des Gesetzesentwurfs sind die DiPA. Entsprechend den digitalen Gesundheitsanwendungen in der ambulanten ärztlichen Versorgung (DiGA) sollen auch in der Pflege digitale Anwendungen (DiPA) eingeführt und durch die Pflegeversicherung finanziert werden.

Die neue Klausel für Solidargemeinschaften lehnt der AOK-Bundesverband grundsätzlich ab. Diese sieht vor, dass Solidargemeinschaften eine Gleichstellung zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung beantragen können und staatlich anerkannt werden, wenn sie ein gleiches Schutzniveau anbieten. Dieses müssen Solidargemeinschaften mit Gutachten alle fünf Jahre nachweisen. Neben den Krankenkassen gibt es zirka 20 Solidargemeinschaften wie etwa Solidago oder Artabana. "Entgegen den Ausführungen des Gesetzgebers wird eine weitere Säule einer Krankenversicherung im Markt etabliert", beanstandet der AOK-Bundesverband, "da weiterhin Mitglieder aufgenommen werden können." Allerdings könnten sich demnach die Solidargemeinschaften auch ohne Probleme von kostenintensiven Versicherten trennen, "da diesen Personen ein Rückkehrrecht ohne Altersbeschränkung im Rahmen der Auffangversicherungspflichtregelungen eingeräumt wird", moniert der AOK-Bundesverband.

Zuletzt aktualisiert: 01.04.21


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