Reform der Psychotherapeutenausbildung: Zu viel Theorie - zu wenig Praxis

(30.01.19) Studium und Approbationsurkunde allein sind aus Sicht des AOK-Bundesverbandes die falschen Mittel um den Beruf des Psychotherapeuten attraktiver zu machen. Darüberhinaus sorgt sich der Verband um die Patientensicherheit. "Anders als in der ärztlichen Ausbildung wird keine längere zusammenhängende Praxisphase in Form eines Praktischen Jahres vorgesehen, womit praktische Erfahrungen der im Studium erworbenen theoretischen Kenntnisse und Fertigkeiten unter Aufsicht und Anleitung angewendet werden", heißt es in der Stellungnahme zum Referentenentwurf. Außerdem orientiere sich die vorgesehene künftige Struktur der Ausbildung zu stark an der der Ärzte. Der Zugang zum Beruf des nichtärztlichen Psychotherapeuten werde bei gleichzeitiger Herabsetzung der Qualifikation erweitert.
Als weitere Kritikpunkte nennt die AOK:
- Die Einführung von Modellversuchsstudiengängen zur Befähigung der Psychotherapeuten, an der psychopharmakologischen Behandlung teilnehmen zu können, beeinträchtigt die Patientensicherheit.
- Die bisherige Verfahrensprüfung über die Methodenbewertung im Gemeinsamen Bundesausschuss soll abgeschafft werden. Dadurch ist nicht mehr sichergestellt, dass im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung ausschließlich evidenzgeprüfte Verfahren Einsatz finden.
- Die Kassen lehnen Befugniserweiterungen ab, unter anderem die Befugnis zum Verordnen psychiatrischer Krankenpflege.
- Obwohl derzeit bereits zu viele Psychotherapeuten ausgebildet werden, soll die Anzahl der Aus- und Weiterbildungsplätze erhöht werden.
- Das Abschaffen der bisherigen Berufsbezeichnungen und die Einführung einer neuen Berufsbezeichnung führen dazu, dass der aktuell transparente Bezug zur Qualifizierung der Psychotherapeuten unklar wird.
- Die vorgelegte Konzeption eines Psychotherapiestudiums vermischt in ungünstiger Weise theoretische und praktische Inhalte.
- Das Tätigkeitsfeld von Psychotherapeuten wird über die Heilkunde hinaus auf Beratung, Prävention und Rehabilitation ausgedehnt.
Insgesamt gehen die Krankenkassen von erheblich höheren Mehrkosten aus als das BMG. Das Ministerium beziffert die zusätzlichen Ausgaben für die GKV ab dem Jahr 2026 sehr allgemein mit einem "unteren bis maximal mittleren dreistelligen Millionenbetrag". Zusätzlich kommen auf die Bundesländer laut BMG Mehrausgaben von rund 48 Millionen Euro pro Jahr zu.