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Perspektiven weiter höchst unsicher

(24.06.22) Auch wenn die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit einem vergleichsweise moderaten Minus in das Jahr 2022 gestartet ist, bleibt die Finanzsituation der GKV nicht nur vor dem Hintergrund des Rekorddefizits des Jahres 2021 unsicher. „Weiterhin steht die GKV-Defizitprognose von mindestens 17 Milliarden Euro für 2023 im Raum", warnte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, bereits nach den ersten Prognosen Anfang Juni. Zudem seien die Zahlen des ersten Quartals traditionell schwierig zu lesen, weil noch nicht alle Abrechnungen eingeflossen seien.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach beurteilt die Lage positiver. Das ausgeglichene Finanzergebnis im ersten Quartal zeige, dass der im Herbst 2021 beschlossene ergänzende Bundeszuschuss von 14 Milliarden Euro die Beitragssätze und die GKV-Finanzen „wirksam und zielgenau“ gestützt habe. „Auch über 2022 hinaus werden wir für eine stabile Finanzierung der GKV sorgen", versprach der Minister. Der Referentenentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz weist zurzeit allerdings lediglich einen zusätzlichen Bundeszuschuss von zwei Milliarden aus, so dass die Finanzmittel aus dem Steuertopf für die GKV insgesamt 16,5 Milliarden Euro betragen würden., zwölf Milliarden weniger als 2021. Stattdessen plant die Ampelkoalition unter anderem einen neuerlichen Rückgriff auf die Finanzreserven der Krankenkassen sowie eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,3 Punkte auf 1,6 Prozent. Damit stiege der Beitragssatz zur GKV inklusive des gesetzlichen Beitragssatzes auf über 16 Prozentpunkte.

In den ersten drei Monaten 2022 kommt die GKV nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums auf ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis mit Einnahmen und Ausgaben von jeweils rund 71,1 Milliarden Euro. Das Defizit von etwa 16 Millionen Euro schlägt sich in den weiter hinten liegenden Kommastellen nieder. Die AOK-Gemeinschaft erzielte einen leichten Überschuss von 81 Millionen Euro, nachdem das GKV-Rekorddefizit von knapp 5,8 Milliarden Euro des vergangenen Jahres mit 4,1 Milliarden Euro fast ausschließlich zu ihren Lasten gegangen war. Die Innungskrankenkassen kommen auf ein Plus von 64 Millionen Euro und die Knappschaft von 17 Millionen Euro. Leicht rote Zahlen schrieben die Ersatzkassen mit 199 Millionen Euro und die Betriebskrankenkassen mit acht Millionen Euro. Die nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmende Landwirtschaftliche Krankenkasse verbuchte einen Überschuss von 29 Millionen Euro.

Ausgaben der GKV im ersten Quartal 2022 in ausgewählten Bereichen

Veränderungsrate je Versicherter gegenüber 2021 in der GKV und der AOK

Ausgaben in Milliarden EuroVeränderungsrate GKVVeränderungsrate AOK
Quelle: BMG, KV-45-Zahlen, 24.06.22
Ärztliche Behandlung11,8062,662,4
Zahnärztliche Behandlung3,3336,186,8
Zahnersatz0,9542,33-1,7
Arzneimittel12,0056,425,6
Hilfsmittel2,5086,995,5
Heilmittel2,72121,5819,8
Krankenhaus21,3004,252,8
Krankengeld4,5746,638,8
Fahrkosten1,99210,169,1
Vorsorge- und Reha-Maßnahmen0,88716,6812,5
Schutzimpfungen0,55611,5815,6
Schwangerschaft/Mutterschaft ohne stationäre Entbindung0,3861,400,8
Häusliche Krankenpflege2,0107,246,4
Netto-Verwaltungskosten3,49418,409,6