Gesundheitsweiser: Klimakrise betrifft Kinder und Jugendliche gesundheitlich am stärksten
(08.05.23) Schätzungen der WHO zufolge betreffen 93 Prozent der weltweit klimawandelbedingten Krankheitslast Kinder und Jugendliche im Alter von unter 15 Jahren. Mit dieser überraschenden Zahl eröffnete der Wirtschaftswissenschaftler Wolfgang Greiner auf dem „Gesundheitskongress des Westens“ in Köln die Podiumsdiskussion zum Thema „Das System nicht an die Wand fahren! Ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem – aber wie?“. Mit Verweis auf das Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen skizzierte Greiner die dringlichsten Aufgaben im Zusammenhang mit der Klimakrise.
Sowohl im Bereich der Verhaltens- als auch der Verhältnisprävention seien sofortige Maßnahmen nötig, um die Bevölkerung besser zu schützen. „In diesem Bereich passiert derzeit viel zu wenig, kritisierte Greiner, der bis Anfang 2023 selbst Mitglied im Sachverständigenrat war. „Man braucht nur einmal über den Rhein zu schauen, um zu sehen, wie man es besser machen kann“, sagte Greiner mit Verweis auf Frankreich. Dort gebe es ein sehr umfangreiches Informationsportal mit direkter Ansprache vulnerabler Gruppen.
Greiner mahnte an, auch die Digitalisierung zur Bewältigung der Klimakrise besser zu nutzen. Die entsprechenden Instrumente, um jenseits des Temperaturanstiegs Umweltveränderungen – etwa im Abwasser – frühzeitig zu erkennen, müssten konsequent genutzt werden. „Die Daten könnten jederzeit erhoben werden, aber wir müssen jetzt mit dem Monitoring beginnen und nicht erst, wenn die nächste Krise kommt“, unterstrich Greiner. Aus Sicht des Sachverständigenrats böte sich für die Zusammenführung und Koordinierung der Daten das von der Ampelkoalition geplante Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit an.
Auf die Verantwortung des Gesundheitswesens machte Christian Schulz, Geschäftsführer der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), aufmerksam. Der Gesundheitssektor allein sei für rund fünf Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. „Wir emittieren in der Gesundheitsversorgung etwa 700 Kilogramm CO2 pro Mensch und Jahr“, ergänzte Schulz. Als einen gangbaren Weg skizzierte Schulz den Abbau von Überversorgung: „Wir haben in Deutschland zu viele Betten, wo wir sie nicht brauchen, wir machen Diagnostik doppelt und dreifach, wo es nicht nötig wäre und machen Therapien, von denen der Patient nicht profitiert.“